Hans Magnus Enzensberger: Abschied von dem unabhängigen Denker

Im Alter von 93 verstorben
Von sich selbst erzählte er wenig
Pseudonyme
Kindheit
Ein Querulant?
Die 60er Jahre
Politisch engagierter Schriftsteller
Gruppe 47
Unzählige Auszeichnungen und Preise
Zwei Töchter aus unterschiedlichen Ehen
Enzensberger war dreimal verheiratet
Raus in die Welt
Der Poesieautomat
Seine Texte bleiben uns erhalten
Im Alter von 93 verstorben

Hans Magnus Enzensberger starb am 24. November 2022 im Alter von 93 Jahren in München, wie der Suhrkamp Verlag unter Berufung auf die Familie mitteilte. Er zählte zu den bedeutendsten Lyrikern und Intellektuellen in Deutschland.

Von sich selbst erzählte er wenig

"Bekenntnisse sind nicht meine starke Seite. Es liegt mir fern, meine Seelenlandschaft vor der Öffentlichkeit auszubreiten." Das sagte Enzensberger in einem Interview mir dem Spiegel.

Pseudonyme

Vielleicht benutzte Enzensberger deshalb verschiedene Pseudonyme. Das Bekannteste war Andreas Thalmayr. Zwei andere seiner Pseudonyme waren weiblich: Elisabeth Ambras und Linda Quilt. Und das sind bei weitem nicht alle. Wer ist der Mensch hinter diesen Namen?

Kindheit

Geboren wurde Hans Magnus Enzensberger am 11.November 1929 in Kaufbeuren, im Allgäu. Sein Vater war Oberpostdirektor, seine Mutter Erzieherin.

Im Bild: Ein Kinderbrief des Schriftstellers an seinen Vater.

 

Ein Querulant?

Ein unabhängiger Denker, kein Mitläufer, das war er schon immer. Als Beamtensohn musste er in der Hitlerjugend mitmachen, wurde aber wegen seines angeblich trotzigen Charakters und Querulantentums ausgeschlossen.

"Es geht aufwärts, aber nicht vorwärts."

"Es geht aufwärts, aber nicht vorwärts." Oder "Verteidigung der Wölfe gegen Lämmer". So lauten Titel von Poesien, die schon 1957 großes Aufsehen erregten, weil sie unbequeme Fragen aufwarfen.

Die 60er Jahre

Lyriker, Essayist, Prosaschriftsteller, Theaterautor, Übersetzer, Herausgeber, Redakteur. Hans Magnus Enzensberger publizierte sehr viel und bis ins hohe Alter. Wie kaum ein anderer Schriftsteller hat er die intellektuelle Szene der 60er Jahre in Deutschland bestimmt.

Politisch engagierter Schriftsteller

Mit seiner Zeitschrift 'Kursbuch' wurde er zur Referenz für die Studentenbewegungen, wollte aber nie dazu gehören. Hier hält Enzensberger eine Rede vor etwa 15000 Teilnehmern des Kongresses 'Notstand der Demokratie' am 30. Oktober 1966 in Frankfurt am Main.

Gruppe 47

Er gehörte auch zur illustren Gruppe 47, die die Literatur im Nachkriegsdeutschland geprägt hat, zusammen unter anderen mit Ingeborg Bachmann, Heinrich Böll oder Siegfried Lenz.

"Widerspruchsfreie Weltbilder brauch ich nicht"

Er schrieb viel, er rauchte viel und er stellte vieles infrage. "Widerspruchsfreie Weltbilder brauch ich nicht. Im Zweifelsfall entscheidet die Wirklichkeit“, so Enzensberger. Kein einfacher Weg, aber ein bewundernswerter.

Unzählige Auszeichnungen und Preise

Sein Kürzel, HME, wurde mit den Jahren berühmt und die Liste der Auszeichnungen, die Enzensberger erhalten hat, ist lang. Auch der Georg-Büchner-Preis ist dabei. Hier spricht der damals 80-jährige Schriftsteller nach der Verleihung des Sonning-Preises 2010, der wichtigste Kulturpreis in Dänemark, im Festsaal der Universität Kopenhagen.

Zwei Töchter aus unterschiedlichen Ehen

Enzensberger hatte zwei Töchter: Tanaquil, geboren 1957 und  Theresia (im Bild), die 1986 zur Welt kam und auch Schriftstellerin und Journalistin ist.

Enzensberger war dreimal verheiratet

Der Schriftsteller war dreimal verheiratet. Zuerst mit der Norwegerin Dagrun Kristensen, der Mutter von Tanaquil, dann mit der Russin Maria Makarowa. Seine dritte Ehefrau war die Journalistin Katharina Bonitz, mit der er seine Tochter Theresia zur Welt brachte.

Raus in die Welt

Er zog mit seiner ersten norwegischen Frau an einen Fjord, lebte mit der zweiten russischen in deren Heimat und dann ein Jahr in Kuba, reiste nach Indien, Tahiti, Kambodscha und Australien, bevor er nach Deutschland zurückkehrte und in Bayern mit seiner dritten Frau sesshaften wurde.

Der Poesieautomat

Enzensberger hatte viel Humor. Im Jahr 2000 entwarf er einen Automat, der dank eines Zufallsgenerators nahezu unendlich viele Gedichte kreierte. Dafür erstellte er ein Programm, das Wortelemente zufällig aneinander reihte und zu Sechszeilern gruppierte. Auf Knopfdruck erschien ein Gedicht, das beim nächsten Knopfdruck auf immer verschwand. Sein Kommentar dazu: "Die Gedichte haben keinen hochwertiger Text, aber einen großen Unterhaltungswert."

Seine Texte bleiben uns erhalten

Im Gegensatz zu der Maschine waren seine Texte immer hochwertig, häufig überraschend, oft kontrovers und manchmal auch unterhaltend. Und die können wir zum Glück immer wieder lesen.

 

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