Das bewegte Leben von Tony Marshall: Nicht frei von Skandalen und Rückschlägen
Die Nachricht von Tony Marshalls Tod erschüttert die Musikwelt. Der deutsche Schlagerstar verstarb am 16. Februar, kurz nach seinem 85. Geburtstag, im Keis seiner Familie in Baden-Baden. Tony Marshalls Leben war bewegt - und nicht frei von Rückschlägen, sowohl beruflich als auch privat, sowie einem Skandal, der vielen Fans vielleicht nicht bekannt ist.
Tony Marshall, der am 03. Februar 1938 als Herbert Anton Bloeth, geboren wurde (später nahm er den Nachnamen seiner Mutter, Hilger, an), wurde im Jahr 1971 mit dem Hit "Schöne Maid" bekannt.
Tony Marshall war ausgebildeter Opernsänger, er studierte Musik und schloss das Studium an der Karslruher Musikhochschule im Jahr 1965 mit dem Examen zum Opernsänger ab. Marshall erlebte hier seinen ersten Rückschlag: Er wollte Chansons singen, hatte mit diesem Stil jedoch nur wenig Erfolg. Beruflich schwenkte er daher nach dem Studium kurzzeitig um und eröffnete in seiner Heimat Baden-Baden eine Kneipe.
Im Jahr 1971 traf Marshall auf den Komponisten Jack White, der Marshall für sein Lied "Schöne Maid" als Sänger gewinnen wollte. Marshall, der das Geld brauchte, war von dieser fröhlichen Musikart jedoch zunächst nicht begeistert. Wie der Köner Stadt-Anzeiger berichtete trank sich Marshall daher mit Chianti einen Schwips an und hoffte, Jack White würde ihn aus dem Studio werfen.
So kam es allerdings nicht und alles, was danach kam, ist heute gut bekannte Schlagergeschichte. Mit dem von Marshall zunächst ungewollten Lied "Schöne Maid" startete seine Karriere. Marshall verkaufte insgesamt etwa 20 Millionen Tonträger, sang in acht Sprachen und konnte Klavier, Geige und vier weitere Instrumente spielen.
Vor allem für seine Lieder, die Stimmung machen, war Marshall bekannt. Von „Täterätätätätä“ bis „Resi bring Bier“, Marshall durfte bei keiner Bierzeltparty fehlen. Für Marshall selbst war dies nicht wirklich erfreulich, denn seine eigentliche Leidenschaft war nicht der Schlager.
Daher verfolgte Marshall auch weiter seinen eigentlichen Berufsweg, nämlich den Operngesang. So stand er im Jahr 2005 im Musical „Anatevka“ als Milchmann Tevje und im Jahr 2008 in der „Zauberflöte“ als Papageno auf der Bühne.
Marshall kämpfte dabei laut Kölner Stadt-Anzeiger mit Vorurteilen: „Da haben alle gestaunt. Da muss ich heute immer noch kämpfen, denn das trauen die Leute dem Schöne-Maid-Sänger nicht zu. Dieses Schubladendenken gibt es leider nur in Deutschland.“ Seiner eigentlichen Bestimmung nicht folgen zu können und mehr als fröhlicher Stimmungsmacher gesehen zu werden anstatt Respekt für sein Talent im Bereich des Operngesangs zu erhalten, war schwer für Marshall und begleitete ihn sein Leben lang.
Darüber hinaus weist Marshalls Karriere auch einen dunklen Fleck auf, der vielen Fans des "Fröhlichmachers" Marshall nicht bekannt ist.
So trat Marshall im Jahr 1976 für Deutschland für den Eurovision Song Contest (ESC) an. Mit seinem Lied "Der Star" konnte er den Vorentscheid mit großem Vorsprung gewinnen.
Aber es kam unerwartet anders: Nicht Marshall vertrat Deutschland beim ESC, sondern stattdessen stand Jürgen Dres mit dem Song "Les Humphries Band" für Deutschland auf der Bühne - und holte einen enttäuschenden 15. Platz. Was war passiert?
Marshall hatte gegen die Regeln des ESC verstoßen und war disqualifiziert worden: Sein Song "Der Star", mit dem er angetreten war, war vor dem ESC bereits von einer anderen Künstlerin zum Besten gegeben worden - und das verstieß gegen die ESC-Regeln. Nizza Thobi, eine Münchnerin, gab an, "Der Star" bereits vor Marshall gesungen zu haben, was das Aus für Marshall beim ESC bedeutete.
Es hätte der Höhepunkt seiner Karriere sein können, Deutschland beim ESC zu vertreten. Doch so wurde es lediglich ein dunkler Fleck in Marshalls sonst so fröhlicher Karrieregeschichte.
Es gibt jedoch auch fröhliche Ereignisse im Leben Marshalls, die einigen Menschen vielleicht nicht bekannt sind. Denn auch im Ausland sorgt Marshall für einiges Aufsehen: Im Jahr 2008 wurde er Ehrenbürger von Bora Bora. Dies war der Dank, dass Marshall mit seinem Hit „Bora Bora“ von 1978 die Südseeinsel populär machte. „Als ich in den Siebzigern auf der Insel war, gab es nur ein Hotel," sagte Marshall laut Kölner Stadt-Anzeiger.
Nicht nur beruflich, sondern auch privat hatte Marshall Rückschläge zu verkraften. Marshall heiratete im Jahr 1962 seine Jugendliebe Gaby, mit der er drei Kinder hat. Die Söhne Marc und Pascal sind beide im Musikbusiness tätig und standen bereits gemeinsam mit ihrem berühmten Vater auf der Bühne. Bei der Geburt seiner Tochter traf die Familie jedoch ein Schicksalschlag.
Der furchtbare Schock für die Familie: Marshalls Tochter erlitt durch einen ärztlichen Behandlungsfehler eine Behinderung. Marshall ging mit dieser jedoch sehr offensiv um und gründete im Jahr 1999 die "Tony-Marshall-Stiftung". Diese Stiftung setzt sich für Projekte für Menschen mit Behinderung ein.
Foto: Marshall mit seinem Sohn Pascal (li.)
Marshall verstarb nach langer Krankheit. Seit dem Jahr 2012 litt er unter Polyneuropathie. Im Jahr 2019 hatte er einen Schlaganfall mit darauffolgendem Nierenversagen und musste seitdem dreimal wöchentlich zur Dialyse. Im Jahr 2021 erfolgte eine schwere Infektion mit COVID-19. Im Jahr 2022 folgte eine Notoperation. Zuletzt musste er aus gesundheitlichen Gründen Konzerte und Auftritte absagen.
Im Jahr 2021 eröffnete Marshall in Gaggenau noch die "Tony Marshall-Galerie" mit persönlichen Pokalen, Medaillen, Fotos, Schallplatten und persönlichen Erinnerungsstücken. So bleibt neben den Liedern, die Marshall uns hinterlassen hat, auch nach seinem Tod noch ein Stückchen mehr von ihm für seine Fans auf dieser Welt.
Hier finden Sie Tony Marshalls Nachruf: Tony Marshall: Der 'Fröhlichmacher der Nation' ist gestorben