Die Beltracchis: Das berühmteste Kunstfälscherpaar des 21. Jahrhunderts
Dieser Kunstfälscher-Skandal gilt als der größte der Geschichte seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs: Mit ihren Fälschungen verdiente das Ehepaar Wolfgang und Helene Beltracchi mehrere Millionen - und ihre eigenen Kunstwerke sind heute bei Sammlern begehrt. Wer sind die Beltracchis und was haben sie gemacht?
2008 sollte das Jahr werden, in dem der Betrug der Beltracchis aufflog und die Kunstwelt erschütterte. Zuvor hatte Wolfgang Beltracchi mehrere Jahre lang Bilder im Stil bekannter Maler wie Max Ernst, Max Pechstein, Fernand Léger, André Derain und Heinrich Camendonk gefälscht und in Zusammenarbeit mit seiner Frau auf dem Kunstmarkt als Originale verkauft.
Der "Meisterfälscher" Wolfgang Beltracchi, wie ihn das ZDF bezeichnet, wurde 1951 in Höxter in Nordrhein-Westfalen geboren - sein Vater war Kirchenmaler. Nach dem Verweis vom Gymnasium besuchte Beltracchi die Werkkunstschule in Aachen, die er ohne Abschluss verließ. Seine Fähigkeiten als Maler brachte sich Beltracchi größtenteils selbst bei.
Nach eigener Angabe begann Wolfgang Beltracchi bereits in den 1970er Jahren mit der Fälschung von Kunstwerken. Er malte erfundene Werke Alter Meister sowie aus den Epochen Jugendstil und Expressionismus und verkaufte diese auf Flohmärkten.
Wolfgang und Helene Beltracchi lernten sich 1992 kennen und ließen sich 1995 mit ihren Kindern in Frankreich, bei Montpellier, nieder, wo sie bis zu ihrer Verhaftung im Jahr 2010 lebten. Von dort aus organisierten sie den Kunstbetrug.
Helene Beltracchi gilt laut der Zeitschrift Spiegel als der Kopf hinter dem Kunstfälscherskandal und war für die Vermarktung der Bilder zuständig.
Gemeinsam mit zwei Komplizen brachten die Beltracchis die Fälschungen auf den Kunstmarkt, wobei sie immer an Auktionshäuser verkauften und diesen eine gefälschte Expertise vorlegten. Etwa 16 Millionen Euro sollen die Beltracchis so verdient haben.
Bei einem Großteil der Bilder gaben die Beltracchis an, dass diese aus den fiktiven Sammlungen Werner Jägers, des Großvaters von Helene Beltracchi, und Wilhelm Knops stammen sollten.
Wolfgang Beltracchi kopierte nicht nur Bilder, er erfand auch neue Bilder im Stil der jeweiligen Künstler. Dabei vermochte er es, die "Handschrift" der Maler so gut zu analysieren und umzusetzen, dass der Schwindel lange nicht auffiel.
Beltracchi malte die Bilder, für die er unbekannte Werke aus der jeweiligen Zeit übermalte, um den passenden "Untergrund" für seine Werke zu schaffen, und brachte auf den Rahmen Aufkleber renommierter Galerien aus der damaligen Zeit an, um so die Expertise von Fachleuten zu erhalten.
Im Gespräch mit der Zeitschrift Spiegel gab Beltracchi an, dass er etwa 50 Bilder gefälscht und verkauft habe. Allerdings waren bei seiner Verhaftung nur 14 als Fälschung enttarnt worden - einige der Beltracchi-Fälschungen befinden sich auch heute noch als angebliche Originale in Kunstsammlungen.
Immer wieder waren Zweifel an der Echtheit der von der Beltracchi-Bande vertriebenen Bilder aufgetaucht. Diese waren von Experten des Kunstmarkts jedoch nicht weiter verfolgt worden - wahrscheinlich auch aus Sorge davor, dass sich Bilder, die in eigenen Sammlungen als Originale aufbewahrt wurden, als Fälschungen herausstellen könnten.
Zudem konnten die Beltracchis mit nachgestellten Fotos, für die Helene Beltracchi in die Rolle ihrer Großmutter schlüpfte und die die Sammlung "Werner Jägers" zeigen und so die Echtheit der Bilder bestätigen sollten, erste Zweifel der Fachwelt abwenden.
Der Kunstbetrug flog im Jahr 2008 auf, als das Unternehmen Art Analysis & Research, das auf Kunstanalysen spezialisiert ist, mit modernen Methoden die Kunstfälschung entdeckte.
Bei den meisten Werken hatte Beltracchi die Farben selbst angemischt, nicht aber bei seiner Fälschung "Rotes Bild mit Pferden" von Heinrich Campendonk, welches für 2,9 Millionen Euro versteigert worden war.
Beltracchi hatte hier fertiges Zinkweiß verwendet, welches falsch etikettiert worden war. Es enthielt Titanoxid, welches zur angeblichen Entstehungszeit des Bildes keine Verwendung fand. Dieses konnte nachgewiesen werden und so wurde Beltracchi überführt.
Im August 2010 wurden die Beltracchis verhaftet und im Oktober 2011 vom Landgericht Köln verurteilt: Wolfgang Beltracchi zu sechs, Helene Beltracchi zu vier und ein Komplize zu fünf Jahren Haft - die Anklage: gewerbsmäßiger Bandenbetrug.
Die Beltracchis durften ihre Haftstraße im Offenen Vollzug verbringen, das heißt tagsüber ihrer Arbeit nachgehen und nur die Abende und Nächte im Gefängnis verbringen.
Durch den Kunstfälschungsskandal erreichten die Beltracchis internationale Bekanntheit. Ihre Geschichte wurde als Dokumentation in Fernsehen und Kino erzählt, Wolfgang Beltracchi schrieb zwei Bücher, darunter eine Autobiographie, und erhielt verschiedene TV-Sendungen, unter anderem malte er für das ZDF Prominente wie Harald Schmidt.
Der Doku-Film "Beltracchi - Die Kunst der Fälschung" wurde mit dem Filmpreis "Goldene Lola" ausgezeichnet und erhielt sogar eine Nominierung für die Long-List der Doku-Auszeichnung des Oscars in Hollywood. Die Beltracchis waren Co-Autoren des Films.
Die Ausstellungen der Beltracchis mit Gemälden von Wolfgang Beltracchi, die er nun mit seinem eigenen Namen signiert, sind oft ausverkauft. In einem Interview mit stayinart.com im Jahr 2016 sagte Wolfgang Beltracchi, er habe nun "zu seinem Leben als Künstler zurückgefunden".
Heute leben die Beltracchis in der Schweiz. Gegenüber dem Westfalen-Blatt sagte Wolfgang Beltracchi: "Ich bin heute einer der teuersten Künstler in Europa". Er male 15 bis 20 Bilder im Jahr, sowohl Originale als auch Kopien, die bereits verkauft seien, bevor Beltracchi sie überhaupt gemalt habe.