Der Fall Arne Schönbohm: Hat Kontakt zu Böhmermann Konsequenzen für Nancy Faeser?
Seit einigen Wochen gibt es Gerüchte, dass Faeser bzw. ihr Ministerium vor der Ausstrahlung von ZDF Magazin Royale zum Thema Schönbohm Kontakt mit der Redaktion hatte. Jetzt wurde bestätigt, dass Staatssekretärin Juliane Seifert mindestens zwei Mal vor der Sendung mit Böhmermann telefoniert hat.
Nach der Böhmermann-Sendung im Oktober 2022 setzte Innenministerin Nancy Faeser Arne Schönbohm als BSI-Chef ab und begründete dies später mit einem "gestörten Vertrauensverhältnis", wie es in einer Pressemitteilung lautete. Ein Disziplinarverfahren gegen den Politiker wurde nicht eingeleitet.
Schönbohms Anwalt Christian Winterhoff sprach nun in einem "Bild"-Interview von einem Komplott gegen seinen Mandanten. Außerdem warf er dem Ministerium Mobbing vor, da bereits im Juni 2022 eine Liste mit angeblichen Verfehlungen Schönbohms erstellt worden sei.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser, Spitzenkandidatin der SPD bei der Hessenwahl am 8. Oktober 2023, soll Schönbohm vom Verfassungsschutz untersuchen lassen haben. Dies soll passiert sein, nachdem sie für den Rauswurf des BSI-Chefs Kritik geerntet hatte.
Am Dienstag sollte Faeser bei einer Sondersitzungen des Innenausschusses und danach des Geheimdienste-Kontrollgremiums Rechenschaft ablegen, doch sie erschien nicht. Auch den Ersatztermin ließ sie verstreichen. Dort sollte über den "Hausvermerk" in einer Akte über Schönbohm gesprochen werden sowie über eine Abfrage beim Verfassungsschutz und das Zusammentragen von Geheimunterlagen – das alles nicht immer über den offiziellen Dienstweg.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser wehrte sich am Donnerstag in einer Bundestagsdebatte gegen die Vorwürfe und warf den Abgeordneten der CDU/CSU vor, sie "mit Dreck zu bewerfen". Gegenüber der "Bild" bezeichnete Faeser die Vorwürfe als "völligen Unsinn": "Es wurden zu keinem Zeitpunkt nachrichtendienstliche Mittel gegen Herrn Schönbohm eingesetzt."
Am 7. Oktober 2022 wurde eine Folge des ZDF Magazin Royale mit Jan Böhmermann zum Thema Cybersicherheit ausgestrahlt, worin der damalige BSI-Präsident stark kritisiert wurde.
Böhmermann spekulierte, Schönbohm habe über einen von ihm gegründeten Lobbyverein der Protelion GmbH nahegestanden, die auch für den russischen Geheimdienst arbeitet. Am Ende der Show und auf einer extra zur Sendung eingerichteten Website, wurde Schönbohm als Clown gezeigt und von Böhmermann als Cyberclown bezeichnet.
Der Comedian warf dem damaligen BSI-Chef Kontakte zu russischen Geheimdiensten vor. Als IT-Spezialist soll Schönbohm vor seinem Amtsantritt umfangreiche und dubiose Lobbyarbeit betrieben und "gemeinsame Sache mit russischen Nachrichtendiensten gemacht" haben.
Im Mittelpunkt der Kritik stand der Verein Cybersicherheitsrat Deutschland e. V. mit großen Kooperationspartnern wie E.ON, Bayer, Commerzbank und dem Bundesgesundheitsministerium. Diesen hatte der Politiker mitbegründet und geleitet. Mitglied war auch die Protelium GmbH, laut Böhmermann ein 'Roter Faden nach Russland'.
Die Protelion GmbH verkauft Cyber-Sicherheitslösungen und verschlüsselte Handys an deutsche Unternehmen. Viele Kunden kommen aus dem Bereich der kritischen Infrastruktur. Laut Recherchen von ZDF Royal ist die Firma aber der deutsche Ableger der russischen Firma Infotecs. Kurze Zeit nach der Sendung wurde Protelion aus dem Verein ausgeschlossen.
Kurz nach Schönbohms Entlassung aus dem Amt gab es viele Unklarheiten und Zweifel an den Vorwürfen, sodass der Beamte laut Medienberichten selbst um die Einleitung eines Disziplinarverfahrens geben hatte.
Seit Januar 2023 ist Schönbohm Chef der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung, die für die Fortbildung von Beamtinnen und Beamten zuständig ist. Der Sohn des CDU-Politikers Jörg Schönbohm ist Beamter auf Lebenszeit und ging wegen seines Amtsausübungsverbot vor Gericht, sodass ihm ein neues Aufgabengebiet zugeteilt werden musste.
Über seine Anwälte wirft Schönbohm dem ZDF "schwere Persönlichkeitsverletzungen" und eine "der schmutzigsten Denunzierungen" vor und fordert 100.000 Euro Schadensersatz. Das ZDF soll darüber hinaus nicht mehr behaupten, der Politiker hätte bewusst in Kontakt mit Nachrichtendiensten in Russland oder anderen Ländern gestanden.
Das Magazin Royale hätte "die Reputation und die tadellose Karriere eines verdienten Staatsdieners zerstört" erklärte der Medienrechtler Markus Hennig, der Schönbohm vertritt, gegenüber "Bunte". Es sei nicht ausgeschlossen, dass sein Mandant auch gegen Böhmermann vorgehen wird.
Das ZDF bestätigte gegenüber der dpa, dass ein entsprechendes Anwaltsschreiben eingegangen sei: "Gefordert wird die Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung sowie eine Geldentschädigung in der besagten Höhe." Der Sender wies die Forderungen allerdings zurück.
Schönbohm hat auch Klage gegen den Bund eingereicht und fordert Schadenersatz in Höhe von 5000 Euro wegen einer Verletzung der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht.
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