Wolfgang Petersen ist tot: Ein Rückblick auf sein Leben und seine Werke
Wolfgang Petersen erlag am Freitag, den 12. August 2022 im Alter von 81 Jahren seinem Bauchspeicheldrüsenkrebs, wie seine Assistentin gegenüber DPA bestätigte. Der Regisseur starb in seiner Wahlheimat Los Angeles im Kreise seiner Familie.
Auf den nachfolgenden Seiten geben wir einen Überblick über sein Leben und seine größten Erfolge.
Petersen wurde 1941 in Emden geboren, sein Vater war Marineoffizier. Während des Zweiten Weltkriegs lebte er in Mecklenburg. Später zog die Familie wieder nach Emden, wo sie in einer Barackensiedlung in der Nähe des Hafens wohnten. 1950 zog Petersen dann nach Hamburg-Bramfeld. Während seiner Schulzeit auf der Gelehrtenschule des Johanneums bekam er eine 8-mm-Kamera und begann, kleine Filme zu drehen.
Anfangs wirkte Petersen am Jungen Theater in Hamburg an verschiedenen Kinderaufführungen mit und war Regieassistent. Später besuchte er eine Schauspielschule und begann 1965 als einer der ersten Studierenden ein Studium der Theaterwissenschaft in Berlin und Hamburg.
1966 wechselte er zur Deutschen Film- und Fernsehakademie und drehte einige Kurzfilme. Zu seiner Abschlussarbeit, dem Kriminalfilm 'Ich werde dich töten, Wolf' (1969) erklärte er: „Auf der Grundlage einer Mordgeschichte wird der Versuch unternommen, Stilmittel, Techniken und Tricks des großen Kino-Films zu ironisieren." Anschließend war er für die Inszenierung einiger Theaterstücke in Hamburg zuständig.
Ab 1971 arbeitete Petersen für das Fernsehen und drehte sechs Tatort-Folgen, einen Fernsehfilm für den WDR und schrieb die Drehbücher weiterer Fernsehproduktionen. Die Tatort-Folge 'Reifezeugnis' (Bild) ist bis heute die zweiterfolgreichste Episode des Sonntagskrimis.
Im deutschen Fernsehen galt er als einer der innovativsten deutschen Regisseure der damaligen Zeit.
Sein erster Film 'Die Konsequenz' löste 1977 einen Skandal aus, da er die Liebe zwischen zwei Männern thematisierte. Der Bayrische Rundfunk weigerte sich, den Film auszustrahlen, da das Thema "nicht für das Publikum" geeignet war. Auf anderen Sendern wurde nur eine geschnittene Version gezeigt. Als der Film kurz darauf in voller Länge im Kino anlief, änderte auch der bayerische Sender seine Meinung.
1980 übertrug die Produktionsfirma Bavaria Film Wolfgang Petersen die Regie der Großproduktion 'Das Boot' (im Bild), die in den USA zum bis dahin erfolgreichsten fremdsprachigen Film wurde. In Deutschland war der Film mit 2,3 Millionen Zuschauern zunächst weniger erfolgreich, wurde aber durch Wiederholungen und Fernsehausstrahlungen auch dort zu einem seiner bekanntesten und erfolgreichsten Filme.
Nach seinem Durchbruch drehte Petersen 'Die unendliche Geschichte'. Dafür bekam er ein Budget von über 50 Millionen DM (etwa 25,6 Mio. Euro), womit die Verfilmung des gleichnamigen Romans von Michael Ende zur teuersten Nachkriegsproduktion wurde.
Petersen konnte sich auch für Science Fiction begeistern. Der Film 'Enemy Mine – Geliebter Feind' wurde fast vollständig in den Münchner Bavaria Studios gedreht, mit Landschaftsaufnahmen aus Lanzarote. 'Geliebter Feind' handelt von einem Menschen und einem Außerirdischen, die sich auf einem unbewohnten Planeten zusammentun müssen, um überleben zu können. Dies war für längere Zeit der letzte Film, den der Regisseur in Deutschland drehte.
1986 zog Petersen, der nie ein Geheimnis aus seiner Begeisterung für Amerika machte, nach Los Angeles. Gemeinsam mit der Produzentin Gail Katz internationalisierte er sein Produktionsunternehmen Radiant Film. Der Auswanderer drehte in Hollywood Filme für den internationalen Markt und konzipierte zahlreiche Blockbuster.
Doch der Erfolg ließ auf sich warten und viele Projekte konnten nicht umgesetzt werden, weshalb viele dachten, Petersen würde den Vereinigten Staaten den Rücken kehren. Doch vier Jahre später konnte der Deutsche mit dem Thriller 'Tod im Spiegel' seinen ersten Hollywood-Erfolg feiern.
In den 1990er-Jahren war Petersen auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Seine zweite US-Produktion 'In the Line of Fire – Die zweite Chance' wurde sowohl vom Publikum als auch von den Kritikern sehr positiv aufgenommen. Er inszeniert Clint Eastwood als alternden Secret-Service-Agenten, der John Malkovich in der Rolle des Bösewichts von der Ermordung des Präsidenten abhalten muss. Angeblich soll Petersen den Schauspieler persönlich für den Film engagiert haben.
1995 wurde Petersens Katastrophenfilm 'Outbreak' veröffentlicht, der in den letzten Jahren wieder an Aktualität gewonnen hat. Darin hat der Virologe Sam Daniels (Kinostar Dustin Hoffman) die Mission, die Ausbreitung eines neuartigen Virus einzudämmen. Zum Kinostart gab es übrigens in Zaire eine Ebola-Epidemie.
In Petersens Action-Blockbuster 'Air Force One' entführt Ivan Korshunov (Gary Oldman) die Maschine des US-Präsidenten James Marshall (Harrison Ford), der daraufhin den Kampf mit den Terroristen aufnimmt. In Europa wurde der Film wegen seiner US-patriotischen Ausrichtung kritisiert. Laut 'DW' bezeichnete der Drehbuchautor Michael Haneke die Produktion sogar als "übles Propaganda-Machwerk".
Mit der Historien-Verfilmung 'Troja' brach Wolfgang Petersen einen weiteren Buget-Rekord. Der 162-minütige Film mit Brat Pitt in der Hauptrolle kostete rund 175 Millionen US-Dollar. Drei Jahre später wurde eine weitere Fassung, die 40 Minuten länger war als das Original, veröffentlicht.
2006 drehte Petersen seine letzte Hollywood-Produktion, eine Neuverfilmung von 'Die Höllenfahrt der Poseidon' (1972) leider mit überschaubarem Erfolg. Grund dafür war laut Lexikon des internationalen Films, dass das Werk sehr "hektisch und überladen" war. Anschließend legte Wolfgang Petersen eine Kreativpause ein.
Für die Neuverfilmung seiner Fernseh-Komödie 'Vier gegen die Bank' kehrte Petersen 2016 nach Deutschland zurück und engagierte die damaligen deutschen Filmstars Til Schweiger, Matthias Schweighöfer, Jan Josef Liefers und Michael "Bully" Herbig. Es sollte sein letzter Film sein.
Auch in anderen Ländern war Wolfgang Petersen sehr bekannt. Seine Filme hatten Einspielergebnisse von jeweils über 100 Millionen US-Dollar. Insgesamt erhielt Petersen 15 Oscar-Nominierungen.
Im Laufe seiner Karriere bekam er zahlreiche Preise - nicht nur aus der Filmbranche. Wolfgang Petersen erhielt unter anderem das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse (1987), den Deutschen Kritikerpreis für 'Die Konsequenz' (1987), den Bayerischen Verdienstorden (2003) und den Deutschen Regiepreis Metropolis für sein Lebenswerk (2012).
Von 1970 bis 1978 war Petersen mit der Schauspielerin Ursula Sieg verheiratet. Der gemeinsame Sohn Daniel kam 1968 zur Welt. 1978 heiratete er die Regieassistentin Maria Borgel, die daraufhin den Nachnamen Borgel-Petersen annahm und bis zu seinem Tod an seiner Seite war.
Für die Filmwelt kam Petersens Tod überraschend. Bis zuletzt schien er gesund zu sein und war kreativ tätig. Matthias Schweighöfer verabschiedete sich auf Instagram von seinem langjährigen Mentor: "Lieber Wolfgang. Danke für alles. Danke für Hollywood. Danke für deine Menschlichkeit. Danke für deinen Pathos. Wir werden dich vermissen."
Auch andere nationale und internationale Stars sowie Politiker zollten ihm Tribut.
Erst vor einem Jahr sagte der Hollywood-Regisseur in einem dpa-Interview anlässlich seines 80. Geburtstags, er wolle noch sehr alt werden und bezüglich seines Ehrentags "ganz locker drüber weg segeln. Dann wird es auch nicht so ein dicker Hammerschlag, wenn man plötzlich so ein hohes Alter hat." Außerdem hatte er bereits neue Film- und Fernsehprojekte in Planung.
Neben seiner Frau und seinem Sohn hinterlässt Petersen noch zwei Enkelkinder.